Die Nachbesprechung


Die Nachbesprechung nach dem Unterrichtsbesuch hat einen höheren Wert, als manche vermuten. Ein vermeintlich schlecht gelaufener Unterricht muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass dies zur einer schlechten Note führt. Wichtig ist vor allem, dass man in der Lage ist den eigenen Unterricht distanziert zu reflektieren und erkennt, was falsch gelaufen ist, dies benennen und womöglich auch Alternativen nennen kann.

 

Ich selber kann auch auf einen Unterrichtsbesuch zurückblicken, in dem ich die Fähigkeiten der Schüler völlig falsch eingeschätzt habe. Dadurch ist der Unterricht mehr oder weniger nicht zielführend gewesen. Eigentlich hätte ich hierfür eine schlechte Note bekommen... Dadurch, dass ich meine Fehler jedoch erkannt und auch Alternativen genannt habe, habe ich doch noch eine gute Note erhalten.

 

Im Folgenden möchte ich euch Werkzeuge in Form von Reflexionmethoden und Leitfragen, die ihr mit in die Nachbesprechung nehmen könnt, an die Hand geben und euch den ein oder anderen Tipp geben.



Allgemeine Tipps

Zu Beginn jeder Nachbesprechung habt ihr 5 Minuten Zeit, um die Stunde selbstständig zu reflektieren. Vorher bleiben euch 15 Minuten, damit ihr darüber nachdenken und euch notieren könnt, was ihr in dieser Reflexion sagen wollt. Nutzt diese Zeit unbedingt!

 

Bevor ihr in der Nachbesprechung mit der Reflexion beginnt, erläutert ihr zunächst wie die eigene Reflexion aufgebaut ist.

 

Beispiel:

 

"Gerne möchte ich die  gezeigte Unterrichtsstunde auf Basis der ZIMT-Methode reflektieren. Hierfür möchte ich zunächst auf die Ziele der Unterrichtsstunde eingehen, dann auf die inhaltliche Ebene, anschließend auf die von mir ausgewählte Methodik und zuletzt auf die zeitlichen Aspekte."

 

Es empfiehlt sich die Reflexion mit einem positiven Aspekt der Stunde zu beginnen. Verzichtet bloß darauf, euch selbst schlecht zu machen! Auch wenn es nicht ganz so gut gelaufen ist, versucht, wenn möglich positive Aspekte verstärkt zu betonen. Fast nie hat eine Unterrichtsstunde gar nichts Positives.  Auch wenn ihr die positiven Aspekte in den Vordergrund rücken sollt, bedeutet das nicht, dass ihr Dinge, die schlecht gelaufen sind, unter den Teppich kehren sollt. Geht niemals davon aus, dass Fachleitern etwas sowieso nicht aufgefallen ist. Wenn dies nämlich doch der Fall ist, kommt euch das Verschweigen nicht zugute, sondern es entsteht der Eindruck, dass ihr dies nicht selbstständig erkannt habt.

 

Zeigt, dass ihr reflektierfähig seid. Erläutert, warum ihr euch für die spezielle Vorgehensweise entschieden habt. Begründet immer didaktisch und lerngruppenbezogen. Ihr kennt eure Lerngruppe am besten und könnt deshalb kaum überprüfbar damit argumentieren. Benennt selbstständig die Schwächen der gezeigten Unterrichtsstunde und zeigt, wenn möglich Alternativen auf. Erläutert, was ihr anders machen würdet, wenn ihr die Stunde noch einmal halten müsstet.

 

Geht in eurer Reflexion auf einzelne Schüler ein, besonders in Bezug auf Lernunterschiede, die ihr wahrgenommen habt. Das beweist, dass ihr einen Blick für einzelne Schüler habt und die Lerngruppe nicht pauschalisiert. Verzichtet auf Weichmacher, wie "vielleicht hätte ich..." - das deutet an, dass ihr euch eurem Vorgehen selbst nicht sicher seid. Bezieht klar Stellung und haltet euch vor Augen, dass auch ihr schon Experten seid. Schließlich habt ihr 10 Semester Studium hinter euch.

 

Reflektiert aus Lehrerperspektive. Die Fachleiter interessiert es nicht, dass Kevin sich heute ganz klasse benommen hat. Reflektiert darüber hinaus zudem didaktisch. "Ich konnte die Schüler mit meinem Einstieg motivieren und die Konzentration auf den Lerngegenstand lenken", statt: "Die Schüler hatten großen Spaß und haben deshalb super mitgemacht. Sogar Kevin hat heute mitgemacht, das macht der sonst nie."

 

Beschränkt euch auf wesentliche Aspekte, die in der Stunde relevant waren. Ihr müsst nicht jede Kleinigkeit reflektieren. Auch wenn ihr vorgefertigte Leitfragen vorbereitet, streicht großzügig weg, wenn diese keinen großen Stellenwert in der Stunde eingenommen haben. Ihr habt nur 5 Minuten. In diesem Zeitraum müsst ihr überzeugen.

 

In jeder Reflexion sollte die Lernprogression enthalten sein. Wurden die Lernziele erreicht? Konnte ich das überprüfen?

Reflexionsleitfäden

Im Referendariat selbst und auch am Ende in der Prüfung, dürft ihr selber entscheiden, wie ihr reflektiert und welche Methode ihr verwendet. Ihr müsst euch auch überhaupt nicht an einer festgelegten Methoden orientieren, sondern könnt einen individuellen Leitfaden erstellen. Hier stelle ich euch ein paar Methoden vor, die ihr nach Belieben auch bunt mischen könnt.

Die ZIMT-Methode betrachtet die vier Aspekte...

  • Ziele
  • Inhalt
  • Methode
  • Time

Ziele...

  1. Was war mein Kernanliegen?
  2. Wurden die Ziele erreicht? Woran erkenne ich das?
  3. Warum wurden die Ziele nicht erreicht?
  4. Konnte ich eine Zieltransparenz herstellen?
  5. War ein Lernzuwachs intendiert/ erkennbar?

Inhalt...

  1. War das Thema klar/ angemessen?
  2. War der Inhalt angemessen für die Lerngruppe?
  3. War die Lerngruppe überfordert? Wann? Warum?
  4. War ein roter Faden erkennbar?
  5. Gab es eine Stundenfrage?
  6. Wurde lernwirksam reduziert?

Methode...

  1. Waren die gewählten Methoden angemessen für die Lerngruppe und den Inhalt? Warum (nicht)?
  2. Gibt es Alternativen?
  3. War der Medieneinsatz sinnvoll?

Time...

  1. War meine zeitliche Planung stimmig?
  2. Gab es Schwierigkeiten? Wann? Warum?
  3. An welcher Stelle musste/ müsste didaktisch reduziert werden? Warum?
  4. An welcher Stelle wäre mehr Zeit nötig? Warum?

 

Reflexion auf Basis des didaktischen Sechsecks nach Hilbert Meyer aus dem Buch: Was ist guter Unterricht? (Link)

Ähnlich der ZIMT-Methode...

 

Phasen:

  • Waren die einzelnen Phasen sinnvoll aufeinander aufgebaut?
  • War der Einstieg motivierend?
  • Waren die (Impuls)-Fragen sinnvoll? Musste ich nachhaken?
  • Wurde Vorwissen aktiviert?
  • Waren die Arbeitsaufträge klar / vollständig / angemessen/ zielführend?
  • War die Differenzierung angemessen?
  • Gab es Möglichkeiten selbsttätig zu werden / Lösungsvorschläge einzubringen / eigene Ideen zu entwickeln?
  • Habe ich Lernschwierigkeiten erkannt? Welche Ursachen gab es? Wie habe ich reagiert?
  • Musste eine Phase zeitlich abgeändert werden? Warum?
  • Wurde der Lernerfolg kontrolliert?
  • War die Aufmerksamkeit der Lerngruppe vorhanden?
  • Gelang ein Transfer des Gelernten

Motivation:

  • War ein besonderes Interesse der SuS spürbar? Wann / Warum?
  • Waren die SuS beteiligt?

Lernziele:

  • Wurden die Lernziele erreicht? Woran erkenne ich das?
  • Warum wurden Ziele nicht erreicht?
  • Ist der Lerngruppe das Ziel klar geworden? Konnte ich Zieltransparenz herstellen?
  • War mein Schwerpunkt klar?

Inhalt:

  • Wurde Vorwissen aktiviert?
  • War das Thema klar / angemessen?
  • Wurde das Thema gut in den Kontext eingebettet?
  • War ein roter Faden erkennbar?
  • Konnte eine Stundenfrage gestellt / beantwortet werden?

Methoden/ Medien:

  • Waren die gewählten Methoden / Arbeitsformen passend / angemessen gewählt?
  • Gibt es Alternativen?
  • War der Medieneinsatz geeignet / zielführend?
  • Gab es Möglichkeiten zur Selbstkontrolle?

Zeit:

  • Ist meine zeitliche Planung aufgegangen?
  • Stand ich unter Zeitdruck? Warum?
  • An welcher Stelle hätte didaktisch reduziert werden können?
  • An welcher Stelle hätte ich mehr Zeit benötigt? Warum?